Cellulosenitrat

Strukturformel
Strukturformel von Cellulosenitrat
Allgemeines
Name Cellulosenitrat
Andere Namen
  • Nitrozellulose
  • Schießbaumwolle
  • Blitzwatte
CAS-Nummer 9004-70-0
Art des Polymers

Biopolymer

Kurzbeschreibung

weiße, faserige Masse

Eigenschaften
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,67 g·cm−3 [1]

Schmelzpunkt

160–180 °C [2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 201
P:
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Cellulosenitrat (auch: Zellulosenitrat) ist eine weiße, faserige, geruch- und geschmackslose Masse. Sie wird umgangssprachlich auch als Schießbaumwolle oder Nitrocellulose (oder Nitrozellulose) bezeichnet. Letztere Bezeichnung ist gemäß der IUPAC-Nomenklatur problematisch, denn es handelt sich nicht um eine RC–NO2-Bindung, wie es das Präfix „Nitro-“ verlangt, sondern um einen Salpetersäureester der Cellulose.

Geschichte

Die „Schießbaumwolle“ wurde 1846 sowohl von Christian Friedrich Schönbein als auch unabhängig davon im selben Jahr von dem Chemiker Rudolf Christian Böttger entdeckt. Von beiden wiederum unabhängig stellte der Braunschweiger Professor Friedrich Julius Otto (1809–1870) im selben Jahr ebenfalls Schießbaumwolle her und veröffentlichte das Verfahren zum Verdruss von Schönbein und Böttger als erster.[3]

Gewinnung und Darstellung

Cellulosenitrat wird in der chemischen Industrie durch Umsetzung von Cellulose mit Nitriersäure hergestellt. Formal gesehen handelt es sich um die Reaktion eines Alkohols mit einer Säure zu einem Ester. Der Stickstoffgehalt des herzustellenden Cellulosenitrats wird durch Zusammensetzung der Nitriersäure und die Reaktionsdauer geregelt. Bei einem Stickstoffgehalt > 12,75 % handelt es sich dann überwiegend um Cellulosetrinitrat (Schießbaumwolle), bei einem Gehalt < 12,75 % um Cellulosedinitrat (Kollodiumwolle).

Umsetzung von Cellulose zu Cellulosetrinitrat


Nach der Reaktion wird die restliche Nitriersäure mit Wasser ausgewaschen, bis das Cellulosenitrat den pH-Wert 7 annimmt, da sonst Spuren von restlicher Salpetersäure eine Selbstentzündung bewirken können. In früherer Zeit ist es in den Fabriken häufig zu Explosionen gekommen, da Verunreinigungen in den Fasern wie die als Nebenprodukt gebildeten Schwefelsäureester Spontanzersetzungen des Cellulosenitrats bewirkten. Erst 1864 entdeckte der Engländer Frederick Augustus Abel, dass sie durch eine feuchte Zerkleinerung im Papierholländer völlig stabilisiert werden kann.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Chemische Eigenschaften

Cellulosenitrat verbrennt nach Entzündung augenblicklich – auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff – mit gelblicher Flamme zu Kohlenstoffdioxid, Kohlenstoffmonoxid, Wasserdampf und Stickstoff. Bei der Verbrennung entsteht, im Gegensatz zu Schwarzpulver, keinerlei für das menschliche Auge sichtbarer Rauch, darum wird Cellulosenitrat auch als rauchloses Pulver bezeichnet.

Abbrennen von Nitrocellulose

Verwendung

Kleber auf Cellulosenitratbasis
Tischtennisbälle aus Zelluloid

Sicherheitshinweise

Cellulosenitrat unterliegt dem deutschen Sprengstoffgesetz. Hochnitrierte Schießbaumwolle kann bei Schlag, statischer Entladung und schnellem Erhitzen detonieren. Es verbrennt infolge des hohen Sauerstoffgehalts unabhängig von der Luftsauerstoffzufuhr und kann daher nur mit geeigneten Mitteln, vor allem großen Mengen Wasser, gelöscht werden.

Bei der Einstufung zur Gefahrstoffkennzeichnung gemäß RL 67/548/EWG, wurde in Anhang 1 bis zum Erscheinen der 31. Anpassung (16. Januar 2009) unterschieden zwischen den beiden Nitrierungsstufen „enthält bis 12,6 % Stickstoff“ (leichtentzündlich) und „enthält mehr als 12,6 % Stickstoff“ (explosionsgefährlich); diese Unterscheidung ist seitdem entfallen.

Trivia

Einzelnachweise

  1. Miles, Cellulose Nitrate, Oliver and Boyd 1955.
  2. 2,0 2,1 2,2 Eintrag zu Nitrocellulose in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  3. Itzehoer Wochenblatt vom 29. Oktober 1846, Spalte 1626–1627.
  4. nach „Explosivstoffe“ 9. Auflage.
  5. 5,0 5,1 5,2 Rudolf Meyer: Explosivstoffe, VCH Verlagsgesellschaft, 1985, 6. Auflage, S. 207–210, ISBN 3-527-26297-0.

Literatur

  • Richard Escales: Die Schiessbaumwolle (Nitrocellulosen). BoD GmbH Norderstedt 2003, ISBN 3-8311-4954-2.

Weblinks

Wiktionary: Schießbaumwolle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Sicherheitsdatenblatt für Nitrocellulose in verschiedenen Anfeuchtungen